Analyse zu den BVB-Optionsscheinen: Maximaler Gewinn von 322.620 Euro

Mit Optionsscheinen soll der BVB-Attentäter auf fallende Kurse spekuliert haben. Die Angaben in den Medien sind dazu sehr widersprüchlich. Und die Recherchen und Berichte zu den Hebelpapieren leider sehr schlecht.

Am Freitag wurde der mutmaßliche Attentäter gefasst. Was für eine niederträchtige Tat! Wie kann man nur den Tod von Menschen in Kauf nehmen, um damit an der Börse Geld verdienen zu wollen? Unfassbar. Unfassbar schlecht ist aber auch die Berichterstattung vieler Medien zum Thema Optionsscheine. Leider musste man hier viel Unsinn lesen.

Über die Höhe der eingesetzten Summe ist einmal von 78.000 Euro die Rede und einem möglichen Millionengewinn von 3,9 Mio. Euro. Der NRW-Innenminister brachte einen 79.000-Euro-Kredit ins Spiel und zwei Medien schreiben von einem 40.000-Euro-Kredit.

Fakt ist: Die Bundesanwaltschaft sagte, dass der mutmaßliche Täter drei verschiedene Derivate auf die BVB-Aktie gekauft haben soll. Mit einer Laufzeit bis zum 17.6.2017 (was übrigens auch falsch ist, denn ein solches Papier gibt es nicht; besagte Hebelscheine haben eine Laufzeit bis zum 15.6.2017, der Bewertungstag ist am 16.6.2017).

Quelle: ariva.de

An der Börse gibt es derzeit 23 verschiedene Puts auf die Aktie von Borussia Dortmund. Handel fand tatsächlich mit vier verschiedenen Papieren statt, die eine Laufzeit bis zum 15.6.2017 haben; dies kann man auf Finanzportalen nachrecherchieren. Meine Recherche zeigt, dass es insgesamt sogar fünf Scheine waren, von denen jeweils 15.000 Stück am 11. April gehandelt wurden:

15.000 Stück für 885 Euro (DG7MN5)

Der Kaufpreis lag bei 0,059 Euro. Am nächsten Tag stand das Papier übrigens wieder bei 0,001 Euro. Das Bid-Ask-Verhältnis, also die Kauf- und Verkaufsspanne ist völlig uninteressant, da der Spread bei mehreren 100 Prozent liegt. Der Schein ist also völlig unbrauchbar, um Gewinne zu erzielen. Wenn die Aktie um 20 % gefallen wäre, dann wäre der Schein laut Szenario-Rechner nur 0,07 Euro wert. Sprich: der Käufer hätte fast keinen Gewinn gemacht. Ohne Transaktionskosten sind es gerade mal 165 Euro Gewinn. Weil das Papier so unattraktiv ist, fand zuletzt auch kein Handel statt. Der letzte Handel in Frankfurt datiert aus November 2016. Damals wurden 10.000 Papiere mit einem Volumen von 1.400 Euro gehandelt.

15.000 Stück für 1.800 Euro (DGM51Y)

Der Kaufkurs betrug 0,12 Euro pro Optionsschein. Bei diesem Schein sind Gewinne möglich, auch wenn die BVB-Aktie leicht fällt. Bei einem Kurssturz der Borussia-Aktie um 20 % wäre der Schein 0,53 Euro wert. Der Spekulant hätte dann einen Gewinn von 6.150 Euro gemacht. Wäre die Borussia-Aktie um 50% gefallen, dann stünde der Schein bei 2,05 Euro. Das entspräche einem Gewinn von 28.950 Euro.

15.000 Stück für 2.700 Euro (DGQ1VV)

Diese Transaktion von 15.000 Put-Optionsscheinen wurde zum Kurs von 0,18 Euro ausgeführt. Zwischenzeitlich stieg das Papier auf 0,26 Euro. Aktuell liegt der Schein bei 0,19 Euro.

15.000 Stück für 645 Euro (DGQ1VU)

Der Kaufkurs lag bei 0,043 Euro. Einen Tag später fand wieder Handel statt – und zwar erneut 15.000 Stück zu einem Kurs von 0,028 Euro. Sollte der mutmaßliche Attentäter die Papiere wieder verkauft haben, so hat er einen Verlust gemacht von 225 Euro, obwohl die Aktie nur leicht zulegte. Hier zeigt sich ebenfalls, dass auch dieser Optionsschein völlig unbrauchbar ist, um Gewinne zu erzielen, außer die Aktie fällt sehr stark.

15.000 Stück für 1.350 Euro (DG9CHE)

Mit BVB-Optionsscheinen gab es noch eine weitere Transaktion am 11. April, allerdings mit einem Papier mit einer anderen Laufzeit: Es wurden 15.000 Scheine mit der WKN DG9CHE (Laufzeit 14.12.2017) zu 0,09 Euro gekauft; das macht eine Investitionssumme von 1.350 Euro. Einen Tag später wurden übrigens erneut 15.000 Papiere gehandelt zu einem Kurs von nur 0,054 Euro. Also auch hier fiel ein Verlust an, sollte dieselbe Person die Transaktion ausgeführt haben.

Transaktionen im Wert von 7.380 Euro

Die Recherche zeigt also, dass es an der Börse insgesamt 5 Transaktionen im Gesamtwert von 7.380 Euro gab (885+1800+2700+645+1350). Bei zwei Scheinen gab es am nächsten Tag erneut einen Handel mit der exakt gleichen Stückzahl. Gut möglich, dass die Bundesanwaltschaft deshalb von 3 Derivaten spricht. Die anderen beiden Scheine wurden eventuell bereits wieder verkauft. Aber das wird sicherlich noch geklärt.

Die Zahlen hat aber kaum jemand richtig analysiert und nachgerechnet. Oder woher kursieren Zahlen wie 78.000 Euro oder 40.000 Euro bzw. eine Investionssumme von knapp 10.000 Euro oder 2.700 Euro. Gut möglich, dass es noch weitere außerbörsliche Transaktionen gab, aber hierzu gibt es keine Hinweise.

Kursgewinn von maximal 322.620 Euro

Wäre der Kurs der BVB-Aktie übrigens auf 0,001 Euro gefallen, was extrem unwahrscheinlich ist, dann wäre der maximal mögliche Gewinn mit den 5 Optionsscheinen bei 322.620 Euro gelegen. Der Put-Optionsschein mit der WKN DG7MN5 stünde bei 4,00 Euro, die Position hätte also einen Wert von 60.000 Euro. Der zweite Schein wäre 4,80 Euro wert; die 15.000 Optionsscheine hätten also einen Wert von 72.000 Euro. Der dritte Schein läge bei 5,20 Euro und die Summe wäre 78.000 Euro. Der vierte Schein läge bei 4,40 Euro, sprich die Position wäre 66.000 Euro wert. Und der fünfte Optionsschein würde 3,60 kosten und die Position hätte einen Wert von 54.000 Euro.

Zusammengerechnet macht das insgesamt 330.000 Euro. Bei einem Einsatz von 7.380 Euro. Von einem möglichen Millionengewinn kann also keine Rede sein, wie in der Presse gemutmaßt wurde.

Interessant ist eine Aussage von Stefan Müller, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Wertpapieranalyse. Er sagte, dass die Bank wahrscheinlich die Auszahlung des Gewinns verweigert hätte. Innerhalb der zwei Tage, die der mutmaßliche Attentäter hätte warten müssen, bis das Geld auf seinem Konto ist, hätte die Bank wahrscheinlich das Geld gesperrt oder die Ermittlungsbehörden hätten zugegriffen. Der Versuch sei daher rein aus handelstechnischen Hintergründen komplett sinnlos gewesen, so seine Einschätzung.

Die ganze Tat ist komplett sinnlos gewesen!

Hinweis: Dieser Blogeintrag stellt keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Bildquelle: pixabay.com

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5 Kommentare zu „Analyse zu den BVB-Optionsscheinen: Maximaler Gewinn von 322.620 Euro“

  1. Sehr aufschlussreicher Artikel. Was noch fastniemand auf dem Schirm hat ist die 25%Steuer. Dann „nur“ noch 240T wobei der Kurs nie auf 0 geht. Vielleicht 50%

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  2. Blöde Frage: wie berechnet sich der Maximalegewinn? Wie ergeben sich die Maximalwerte von 5,20 und 4,40 etc. von den 5 Optionen

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  3. Ja, die Berechnung ist vor Steuern. Zur Berechnung selbst: Die Formel ist ganz einfach und lautet: Basispreis minus Aktienkurs am Ende der Laufzeit, sprich: beim Schein mit einem Basispreis von 3,60 lautet die Rechnung: 3,60 minus 0,001 = 3,60. Wenn der Aktienkurs bei Ausübung über einen Preis von 3,60 notiert, verfällt der Optionsschein wertlos.

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